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Vergleichstest: Chevrolet Orlando vs. Fiat Freemont – Ehrliche Etikettenschwindler

Allein der Name. Freemont. Die englischsprachige Modellbezeichnung deutet bereits an, dass hier kein Vollblut-Italiener angetreten ist. Vielmehr handelt es sich um ein US-Van mit semi-italienischer Markenidentität und Technik auf Dodge-Basis.

Anders der Chevrolet Orlando, der sich per Nomen als Bilderbuch-Ami gibt, in Wahrheit aber aus der koreanischen Ex-Daewoo-Schmiede von GM stammt. Wie die beiden Etikettenschwindler mit ihren dennoch handfesten Qualitäten dem deutschen Autofahrergaumen munden, wollten wir im Vergleich herausfinden. Gleich mal vorweg Tachles gesprochen: Als elegante Schönheit empfiehlt sich keiner der beiden Kontrahenten. Ob Freemont oder Orlando: Mit ihren einfach gestrickten, quadratischen Layouts sind sie - positiv ausgedrückt - leicht bekömmliche Erscheinungen. Schwungvolle Sickenspiele, dramatische Blechkurven, fordernde Blicke? Fehlanzeige.

Muss aber auch nicht sein, denn sachlich denkende Familienoberhäupter, die ob ihrer Kinderschar ein Nutzungspotenzial für bis zu sieben Mitreisende suchen, könnten an derart ehrlichen Pragmatismus-Zuschnitten durchaus Gefallen finden, denn eigentlich sind es ja innere Werte die zählen. Und davon haben beide reichlich zu bieten, handelt es sich doch jeweils um veritable Raumriesen mit flexibel-variablem Nutzungspotential.

Freemont mit extralangem Stauraum

In alle Richtungen überragt dabei der Freemont den Orlando um ein paar Zentimeter. Doch schafft dieses raumgreifende Wesen dem Fiat keine handfesten Vorteile innen. Gut, der Basiskofferraum fällt etwas größer aus und den Insassen ist mehr seitlicher Entfaltungsspielraum vergönnt, doch bei den jeweils mit wenigen Handgriffen erreichten Maximalstauräumen gerät der Fiat sogar ins Hintertreffen: Während der Chevrolet bei umgeklappten Fondsitzreihen bis zu 1.487 Liter Gepäck schluckt, sind es beim Spaghetti-Western sogar 26 Liter weniger.

Im Gegenzug kann der Freemont mit einigen Stauraum-Spezialitäten beeindrucken: So finden sich hier mehrere zusätzliche und zum Teil recht große Zusatzstaufächer verteilt über den gesamten Innenraum, und neben viel Kleinkram schluckt der Fiat außerdem noch über drei Meter lange Gegenstände, da sich im Gegensatz zum Orlando sogar die Beifahrerlehne flach legen lässt.

Sieben Sitze, auch für Erwachsene

Während beim Fiat die dritte Sitzbank abbestellt werden kann, ist diese beim Orlando bereits in der Basisversion unabdingbar an Bord. Zugang zu diesen aus dem Kofferraumboden jeweils einfach heraus klappbaren Sitzgelegenheiten verschafft der Freemont dank seiner im 90-Grad-Winkel öffnenden Türen zunächst recht großzügig, doch muss man sich, wie auch beim Orlando, etwas klein machen, um nach ganz hinten durchzusteigen. In beiden Fällen findet man vollwertige Sitze vor, auf denen sogar Erwachsene mitreisen können, im Freemont allerdings mit zu wenig Beinfreiheit. Kleinere Kinder kommen bei beiden Vans ganz hinten gut zu Recht.

Entscheidender für den potenziellen Käufer dürfte aber der Eindruck in der ersten Reihe sein. Anders als noch ganz hinten können sich im Freemont vorne selbst opulente Zeitgenossen prächtig entfalten. Wer lieber die verbindliche Einbettung mag, wird sich auf den fester umklammernden und vergleichsweise straffen Vordersitzen des Orlando wohler fühlen, die damit gleich noch den besseren Langstreckenkomfort bieten.

Schöner Italo-Style

Überraschend ansehnlich präsentiert sich das Armaturenbrett des Freemont, dem Fiat ein auffällig modernes Erscheinungsbild verpasst hat. Der italienische Feinschliff sorgt für eine besonders reduzierte Anzahl an Bedieneinheiten und vermitteln schicke Softoberflächen, viel Chrom-Chichi und gleich zwei praktische Farbdisplays Premium-Ambiente. Während die eine Digitalanzeige zwischen den zwei edlen Rundinstrumenten  zusätzliche Fahrinformationen kredenzt, werden via Touchscreen in der Mittelkonsole eine Vielzahl von Funktionen angezeigt und auch gesteuert. Ob Audioanlage, Klima oder Sitzheizung – der kleine Bildschirm überrascht mit Funktionstiefe.

Ganz kaschieren kann die stilvolle und funktionale Fiat-Aufhübschung die kostenoptimierte Hartplastik-Landschaft der eigentlichen US-Basis jedoch nicht. Unter der Oberfläche offenbart der Freemont einige Verarbeitungsschwächen, wie zum Beispiel mit der nur mäßig exakt zugeschnittenen mittleren Rückbank und den dort auch etwas labberig wirkenden Verstellhebeln.

Wohnlich auch ohne Premium-Feinschliff

Dieses Übertünchen und Kaschieren hat beim Orlando nicht stattgefunden, vielmehr wirkt er wie eine durch und durch ehrliche Haut, bei der mit vergleichsweise einfachen Mitteln und Materialien ein dennoch wohnlicher und gut nutzbarer Arbeitsplatz gestaltet wurde. Wenn auch der ganz feine Premium-Schliff mit edelgenarbten Softoberflächen fehlt, kann man sich in dem übersichtlich gestalteten Cockpit durchaus wohlfühlen.

Nebenbei belohnt der Orlando den Entdeckergeist mit einer pfiffigen Besonderheit: Die Bedieneinheit der Audioanlage im oberen Bereich der Mittelkonsole lässt sich hochklappen und gibt dann ein "geheimes" Staufach samt USB-Anschluss für den MP3-Player frei. Clever gelöst.

Starke Spezialitäten

Der Freemont hat aber gleich mehrere Asse im Ärmel: eine bei niedrigen Außentemperaturen zu Fahrtbeginn automatisch startende Sitzheizung, ein schlüsselloses Zugangs- und Startsystem, eine Drei-Zonen-Klimaautomatik und zwei aus der Sitzfläche der mittleren Sitzbank ausklappbare Erhöhungen für Kinder. Diese praktischen Menüspezialitäten stehen beim Orlando grundsätzlich nicht auf der Speisekarte.

Ungleiches Antriebs-Duell

Aus logistischen Gründen blieb uns für diesen Vergleich die Idealbesetzung  bei den Antrieben verwehrt und ist der Freemont mit dem nur 140 PS starken Zwei-Liter-Basisdiesel in Kombination mit einem manuellen Sechsganggetriebe angetreten, während beim Orlando der Topdiesel mit 163 PS in Kombination mit einer sechsstufiger Automatik zum Einsatz kam.

Trotz einer gelegentlich etwas lustlos agierenden Automatik konnte der kultivierte Diesel des Orlando mehr überzeugen, während der Freemont-Antrieb einige Problemzonen offenbarte. Zwar schiebt den fast zwei Tonnen schweren Fiat ein kraftvolles Drehmoment (350 Newtonmeter bei 1.750 Touren) in beeindruckender Weise voran, doch ist der Motor dabei recht rau im Lauf, die Kupplung zu schwergängig und die Getriebeübersetzung zu kurz. Fährt man mit 160 km/h, steht die Drehzahlnadel bei ungefähr 3.500 Umdrehungen, während es beim Orlando bei gleicher Geschwindigkeit nur knapp über 2.000 Touren sind.

Durstiger Fiat-Antrieb

Entsprechend durstig gab sich der zudem aerodynamisch wenig vorteilhafte aber im Innenraum dafür vergleichsweise leise Freemont: Statt der eigentlich bescheidenen 6,4 Liter Normverbrauch waren es praktisch dann 9,1 Liter bei allerdings vorwiegend flott gefahrenen Autobahntouren.  Bei ruhiger Fahrweise sind wir mit 7,5 Liter hingekommen, während es bei besonders schnellen Etappen sogar 10,8 Liter waren.

Trotz Mehr-PS und einer verbrauchssteigernden Wandlerautomatik gab sich der Orlando genügsamer. Sein Normverbrauch liegt bei glatt sieben Litern, praktisch sind wir mit genau zwei Litern mehr ausgekommen. Bei zurückhaltender Fahrweise waren es gar nur 6,6 Liter, während im Hochgeschwindigkeitsmodus 9,9 Liter pro 100 Kilometer in die Brennkammern gespritzt wurden. Effizienzwunder bieten also beide nicht.

Orlando ausgewogener

Auch beim Fahrwerk ist der Chevrolet besser aufgestellt. Zwar ist der Unterbau des Orlando nicht betont dynamisch und verhilft ihm sein um 300 Kilogramm geringeres Gewicht nicht zu sportlicher Leichtfüßigkeit, doch selbst bei höheren Geschwindigkeiten geht der Kurvenstrich recht sauber von der Hand, liegt der Wagen stets satt und präzise auf der Straße. Nur bei gröberen Unebenheiten zeigt das weitgehend komfortable Fahrwerk kleine Verdauungsprobleme, was sich durch dezentes Poltern an der Hinterachse bemerkbar machen kann. Leicht erhöhte Abrollgeräusche und ein großer Wendekreis gehören zu den weiteren Kritikpunkten am Fahrwerk.

Fiat hat auch das Fahrwerk der Dodge-Basis auf den europäischen Kundengeschmack hin angepasst. Dazu gehört eine angenehm leichtgängige Lenkung mit allerdings etwas synthetischer Rückmeldung, die zudem nicht ganz frei von Antriebseinflüssen ist. Bei langgezogenen Kurven und schneller Autobahnfahrt sind zudem stets leichte Korrekturarbeiten nötig, lässt sich der Kurvenstrich nicht ganz so sauber wie mit dem Orlando ziehen.

Für die schnelle Sause ist der schwere Freemont also keine echte Empfehlung, doch dürfte er selbst damit den meisten Ansprüchen vollauf genügen. Auch in Bezug auf den Komfort, denn trotz seiner immerhin 19 Zoll großen Räder kam keine übertriebene Härte auf. Unschön machten sich hingegen die etwas laschen Bremsen bemerkbar, die mehrfach bei etwas beherzteren Tritten aufs Bremspedal überraschend im ABS-Regelbereich waren.

Chevy-Schnäppchen

Den wohl deutlichsten Vorteil verschafft sich der Orlando aber bei den Anschaffungskosten. Während die Top-Ausstattung mit Stark-Diesel samt Automatik von Chevy für recht bescheidene 26.190 Euro angeboten wird, bekommt man für das gleiche Geld bei Fiat nur die 140 PS starke Basisversion. Die kann zwar mit einigen Ausstattungs-Highlights aufwarten, die beim Orlando grundsätzlich nicht verfügbar sind, doch ausstattungsbereinigt bietet der Chevy einen dann immer noch rund 3.000 Euro hohen Preisvorteil.

Fazit

Wer viele Sitzplätze, variablen Stauraum und üppige Ausstattung für wenig Geld will, findet mit beiden Vans interessante Angebote. Mag die Markenidentität über die eigentliche Herkunft täuschen: In beiden Fällen handelt es sich um stattliche und praktisch vielseitig nutzbare Familienfreunde mit ordentlichen Dieselantrieben.

Chevrolet bietet mit dem Orlando aber das insgesamt stimmigere Paket für zudem deutlich weniger Geld. Der kultivierte Diesel ist sparsamer, das Fahrwerk ausgewogener, die Raumökonomie besser. Das reicht für den Sieg.

Dafür kann der Freemont einige besondere Kundenwünsche erfüllen: So sprechen für den US-Van unter anderem das von Fiat erfolgreich aufgehübschte Premium-Armaturenbrett sowie einige spezielle Serienextras: Eine Drei-Zonen-Klimaautomatik und einen über drei Meter langen Laderaum kann man für den Orlando nicht bekommen.

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