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Prototype: BMW X5 eDrive – Das Öko-Auto, das keines ist

Wer sein grünes Gewissen erleichtern will, kann sich beim Autokauf zum Beispiel für einen Hybrid, oder konsequenter, für ein batterieelektrisches Mobil entscheiden. Ein Hybrid fährt allerdings nicht emissionsfrei, ein E-Mobil nicht weit genug.

Der Kompromiss: Ein Hybrid mit alltagstauglicher E-Reichweite. Diese Brücke soll ab 2015 auch der X5 von BMW schlagen, den wir als Prototyp noch mindestens ein Jahr vorm Serienstart fahren konnten - ohne Alltagseinschränkung, dem grünen Gewissen zuträglich, der Umwelt aber wohl keine große Hilfe. Aus der Perspektive nachhaltiger Mobilität hat BMW mit dem konsequentesten aller E-Mobile, dem i3, bereits vieles richtig gemacht. Doch geht der i3 für den Nutzer auch mit Verzicht einher, in der Reichweite zum Beispiel, in der Dynamik oder auch im Raumangebot. Viele Autofahrer wollen aber eben genau auf diese Eigenschaften nicht verzichten, wollen eigentlich so fahren, wie sie es seit jeher gewohnt sind. Obwohl: So ein Bisschen elektrisch wäre schon schön. Fürs grüne Gewissen zum Beispiel.

80 Prozent rein elektrisch fahren

Und hier kommt jetzt die wachsende Schar von Plug-in-Hybriden ins Spiel, die mit ihrem konventionellen Verbrennungsmotor eigentlich alles können, was normale Autos auch können und die darüber hinaus über einen E-Antrieb verfügen, der ihnen ein rein elektrisches Reichweiten-Fenster für Kurzstrecken bietet. Im Fall des X5 Plug-in sind das immerhin 30 Kilometer, was nach BMW-eigener Recherche durchschnittlich für rund 80 Prozent aller Fahrten reichen würde.

Die Technik dafür ist bei BMW im Regal, denn bei der Elektrifizierung des Antriebsstrangs haben die Münchener schon einiges vorzuweisen. Wie zum Beispiel die Hybridversion des 5er, der mit einem zwischen Benziner und Getriebe eingebetteten, scheibenförmigen E-Motor mehr Leistung bei weniger Verbrauch möglich macht. Eben jenes Zusatzaggregat wurde auch im X5-Teilzeitstromer verbaut und auf eine Leistungsabgabe von 70 kW (95 PS) und 250 Newtonmeter eingestellt.

In etwas so stark wie ein 35i

Vor dem Getriebe (übrigens eine ZF-Automatik mit acht Gängen) und dem E-Motor arbeitet im X5 noch ein Zweiliter-Vierzylinder-Benziner, der es mit Hilfe einer Turbospritze auf stolze 180 kW und 300 Newtonmeter bringen kann. Da beide Motoren auch parallel ihre Leistung in den Vortrieb werfen können, ist der Plug-in-X5 ein beachtliches Kraftpaket. Allerdings ergibt sich die maximale Systemleistung nicht aus einer einfachen Addition beider Werte. So ganz genau festgelegt haben sich die Ingenieure ohnehin noch nicht, doch soll das Aggregate-Konglomerat zusammen mindestens 200 kW und 400 Newtonmeter als Nennleistung in den Allrad werfen. Obwohl nur ein Vierzylinder im Bug, hat der Doppelherz-Bayer also in etwa das Leistungspotenzial des X5 35i, der mit mehr als 300 PS mächtig Dampf im Kessel hat.

Ganz so forsch geht es auf unserer Testrunde auf dem abgesperrten BMW-Race-Track in Miramas zunächst nicht voran. Ein uns auf dem Beifahrersitz begleitender Ingenieur zwingt uns nämlich per Druck auf einen noch abgeklebten Schalter in den rein elektrischen Fahrmodus. Sowohl nach dem Motorstart als auch beim ersten „Gas“geben stromert der Wagen entsprechend nahezu lautlos voran. Und trotz dieser Stille ist selbst so respektabler Vorwärtsdrang angesagt. Entsprechend dürfte man im Straßenverkehr keinesfalls als Hindernis wahrgenommen werden, sollte man rein elektrisch fahren wollen. Sprintzeiten im E-Modus gibt BMW noch keine an, doch maximal sollen 120 km/h möglich sein. Entsprechend könnte man sich im E-Modus sogar auf die Autobahn wagen. Allerdings zeigt sich auf einer kleinen Batteriestatusanzeige im Tacho, wie die Kapazität bei forcierterem Tempo ziemlich rasch die Prozentpunkte abbaut und die 30 Kilometer vermutlich schnell zusammenschmelzen würden.

Souverän

Hier wird auch deutlich, dass die Batterie eben nicht sonderlich groß ist. Das über der Hinterachse und unterm Kofferraum montierte Lithium-Ionen-Paket wurde auf neun Kilowattstunden dimensioniert, wovon dann im Serienmodell sechs bis acht nutzbar sein werden. Wer in dem übrigens „MAX eDrive“ genannten, rein elektrischen Modus unterwegs ist, wird nur beim Kickdown auch das Antriebsmoment des Benziners anfordern können, ansonsten ist konsequenter Elektro-Vortrieb angesagt, sofern die Batterie noch über ausreichend Saft verfügt. Ist das nicht mehr der Fall, ist jederzeit der verblüffend leise Benziner einsatzbereit und garantiert dieser neben der Reichweitensicherheit auch noch gehobene Dynamik. Besonders das Zusammenspiel von Benziner und E-Motor versorgt den Zweitonner mit längsdynamischer Souveränität, was besonders eindrucksvoll im per Knopfdruck einstellbaren Sportmodus spürbar wird. Eine Sprintzeit in unter sieben Sekunden soll möglich sein. Auch Kurven meistert der Doppelherz-X5 erstaunlich behände und wundersam Leichtfüßigkeit, obwohl etwas weniger Speck gewiss das ohnehin schon hohe Fahrspaßniveau deutlich verbessern könnte.

Doch ein ganz wichtiger Anspruch ist sein Spritsparpotenzial. Hier agiert das Dickschiff im Normalmodus, der sich automatisch beim Motorstart einstellt, eigentlich wie ein Hybridfahrzeug, wobei der Elektroantrieb zunächst die Hauptantriebsarbeitet leistet, sofern man das Gaspedal sanft massiert. Entsprechend weniger Sprit braucht der Benziner, um dem Allrad-Klotz voranzutreiben. Rekuperieren kann der X5 eDrive natürlich auch. BMW hat dem Teilelektriker aber auch das Segeln beigebracht, was überraschender Weise im speziellen Eco-Modus beim Spritsparen helfen soll. Das mag verblüffen, doch laut BMW-Experten kann man mit dem entkoppelten Ausrollen mehr Sprit als mit einer starken Rekuperation sparen. Stark rekuperiert wird hingegen in einem speziell abgestimmten Sportmodus, bei dem das Potenzial des zusätzlichen E-Antriebs in besonders lustfördernder Weise eingesetzt wird.

Verbrauch wie beim Kleinwagen

Doch in erster Linie soll der Plug-in-X5 ja ein effizientes Auto sein. Wie viel man sparen kann, ist allerdings die große Frage und hier in ganz besonderer Weise von der Fahrweise abhängig. Beziehen wir uns auf den Normverbrauch, ist der eDrive ein hocheffizientes Fahrzeug, denn dieser Wert soll bei 3,8 Liter liegen, was im Vergleich zum 35i eine Verringerung um 55 Prozent oder 4,7 Liter bedeutet. Damit wäre der riesige Allradler genügsamer als die allermeisten Kleinstwagen. Doch die 3,8 Liter sind Ergebnis einer Messmethode, die selten praxisnah sein wird. Dabei gäbe es zwei andere Praxisextreme: Wer es schafft, ausschließlich Kurzstrecken elektrisch zu fahren und die Batterie konsequent an der Steckdose zu laden, könnte den X5 sogar als Null-Liter-Auto bewegen. Wer hingegen ständig auf der Autobahn lange Strecken fährt, dürfte trotz E-Antrieb eher zweistellige Verbrauchswerte provozieren und wäre ohnehin mit einem Diesel wesentlich besser beraten. In der Summe wird man aber gewiss weniger als mit einem vergleichbar starken Benzinermodell verbrauchen.

Kein Ökomobil

Und insofern scheint es auch fragwürdig, ob eben der Plug-in-X5 als ernstzunehmender Beitrag für die Umwelt zu werten ist. Wer hier einen substanzielleren Beitrag leisten will, sollte sich eher in Verzicht üben, am besten gar kein Auto haben, oder auf einen Vollblutstromer wie den BMW i3 setzen und sich für lange Strecken dann im Bedarfsfall ein Verbrenner-Auto anmieten. Ein X5 eDrive ist mit seiner geringen E-Reichweite nur ein ökologisches Feigenblatt, mit dem sich vielleicht so mancher Wohlhabende schmücken mag, aber damit letztlich wohl nur Augenwischerei betreibt. Es gibt hier allerdings einen ökologischen Vorteil für Nutzer und Umwelt, denn dank der Möglichkeit emissionsfrei zu fahren, wird man auch in Zukunft problemlos in Städten mit einer Umweltzone fahren dürfen, selbst wenn diese nur noch emissionsfreie Autos erlaubt. Und außerdem würde man dort keine Abgase und wenig Feinstaub emittieren. Was unbestritten Vorteile brächte.

Allerdings ist auch der Preis für diesen bescheidenen Ökobeitrag recht hoch, denn der Plug-in-X5 dürfte deutlich teurer als das Verbrenner-Referenzmodell X5 35i werden, das mindestens 60.000 Euro kostet. Und amortisieren wird sich diese Investition gewiss nicht, trotz eines gewissen Spritsparpotenzials. Technisch ist der Plug-in-X5 ein zweifelsfrei fein gemachtes Auto. Man kann ihn über längere Strecken (bis 30 km) hinweg rein elektrisch Fahren, man hat keine Reichweiten-Einschränkung und auf Wunsch auch gehobenes Fahrspaßpotenzial. Das Zusammenspiel von E- und Verbrennungsmotor funktioniert zudem sehr geschmeidig und kultiviert, ist sowohl lust- als auch effizienzfördernd. Und auch das Packaging stimmt, denn trotz E-Antrieb und Batterie bietet der Innenraum im Vergleich zum Standard-X5 ein nur geringfügig kleineres Kofferraumvolumen.

Als substantieller Beitrag für die Umwelt taugt der Teilzeitstromer hingegen nicht. Hier gibt es deutlich bessere Möglichkeiten Ökologie und Mobilität besser in Einklag zu bringen. Insofern kann der ab 2015 erhältliche und vermutlich recht teure Doppelherz-X5 höchstens als ökologisches Feigenblatt für betuchtere Autokunden herhalten.

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