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Bericht: Produktionsstart des BMW i3 – Los geht‘s

Im seiner Leipziger Autofabrik hat BMW im Frühjahr 2013 die Vorserienproduktion des Vollblut-Stromers i3 anlaufen lassen.

Das völlig neue Modell weist nicht nur den Weg in eine moderne Mobilitätskultur, auch die Fahrzeugfertigung selbst ist in mehrfacher Hinsicht revolutionär, wie wir bei einer Werksbesichtigung hautnah erleben durften. BMW hat viel investiert und viel Personal in dem Projekt i3/i8 eingebunden, um das Elektroauto auf die Anforderungen des batterieelektrischen Antriebs hin optimal abzustimmen. „Wir haben das Auto neu erfunden“, verkündet stolz Dr. Carsten Breitfeld, Projektleiter für den BMW i8, bevor wir uns das Karbonkunstwerk und seine Produktion im Werk Leipzig näher ansehen dürfen. Ohne Kamera übrigens, denn BMW möchte einige Geheimnisse für sich behalten, um hier seinen Vorsprung durch Technik gegenüber der Konkurrenz zu wahren.

Anders als bisher wurde der i3 ganzheitlich als elektrisch angetriebenes Fahrzeug entwickelt und nicht ein E-Antrieb in ein bereits bestehendes Modell eingepflanzt. Dabei unterscheidet BMW in der Grundkonstruktion des i3 zwischen dem Drive und dem Live. Bei ersterem handelt es sich um die Einheit aus Fahrwerk, Batterie und E-Antrieb, während Live den oberen Teil des Autos bezeichnet, also die eigentliche Karosserie, in welcher bis zu vier Fahrgäste sitzen können.

Mächtig gespart

Der besondere Schritt bei diesem Live-Modul ist die komplett aus dem leichten und harten Werkstoff Karbon bestehende Grundstruktur, die das für ein Elektroauto bemerkenswert niedrige Gesamtgewicht von 1.250 Kilogramm ermöglicht. Zum Vergleich: Das Active E genannte BMW 1er Coupé mit batterieelektrischem Antrieb bringt 550 Kilogramm mehr auf die Waage. Dank dieser und weiterer Leichtbaumaßnahmen konnte BMW eine halbwegs kompakte Batteriedimension bei gleichzeitig respektabler Reichweite (130 - 160 Kilometer) realisieren.

BMW will vom i3 nicht nur eine kleine Versuchsflotte wie beim Mini E oder Active E auf die Straße bringen, sondern den Stromer unter Großserienproduktions-Bedingungen jährlich in fünfstelliger Stückzahl in den gegenüber E-Mobilen derzeit noch recht skeptischen Markt bringen. Eine Karbonkarosserie ist an sich nicht neu, doch mit der anvisierten Stückzahlen wagt sich der Münchener Autobauer auf unbekanntes Terrain, denn nie zuvor hat ein Hersteller Karosserieteile aus Kohlefaserverbundstoff in derart großem Stil produziert.

CO2-neutrale Produktion

Als Basis für die Leichtbau-Konstruktion des i3-Drives werden vom BMW-Partner SKL Kohlefasern in großen Mengen im amerikanischen Lake Moses produziert. Dieser energiezehrende Herstellungsprozess des Ausgangsmaterials soll im Prinzip CO2-neutral ablaufen, denn der Strom hierfür wird von einem nahegelegenen Wasserkraftwerk entnommen. In einem weiteren Schritt werden aus den Fasern verschieden strukturierte Matten gewebt, aus denen dann in Leipzig wiederum ein Gelege für ein Karosserieteil vorgeformt wird.

Dieses Gelege wird dann im Leipziger „Presswerk“ in einer Form unter sehr hohem Druck mit Flüssigharz geflutet. Zusammen mit dem Harz entstehen dann die kohlefaserverstärkten Kunststoffelemente, aus denen schließlich die Karosserie gezimmert wird. Zwar gibt es im „Presswerk“ des i3 riesige Apparaturen, die in ihrer Dimensionierung durchaus Blechstanzen gleich kommen könnten, doch sausen hier nicht tonnenschwere Metallbolzen auf Stahlplatten nieder. Entsprechend leise geht es deshalb beim Ausformen der Karosserieteile zu. Sind die Teile ausgehärtet, werden sie mit einer Wassersäge noch zurechtgeschnitten, also Löcher für Anbauteile gesägt und überflüssiges Harz entfernt. Vor dem Weg in die anschließende Montagehalle werden außerdem die Klebeflächen aufgeraut.

Kleben statt schweißen

Denn auch das Zusammenfügen der Karosserieteile zum Drive wird anders als im klassischen Karosseriebau vollzogen. BMW arbeitet, wie heutzutage üblich, auch hier mit Robotern, deren Greifarme wild in alle Richtungen schwingen und mit effizienter Präzision die Teile aneinanderfügen. Doch wie schon im Presswerk herrscht auch hier fast kontemplative Ruhe, denn laute und funkensprühende Schweißarbeiten finden nicht statt und das Auftragen von geruchsarmem Klebstoff ist ein akustisch zurückhaltender Prozess. Die Arbeit in der i-Produktion geht also nicht mit den Härten einher, wie sie im klassischen Autobau üblich sind.

Auch in anderer Hinsicht sorgt der Bau des i3 für smartere Produktionsbedingungen: So werden für das Live nur etwa ein Drittel so viele Einzelteile wie bei einer herkömmlichen Stahlkarosserie benötigt. Und BMW braucht nur etwa die Hälfte der Fläche für die Produktion im Vergleich zum Stahlauto. Und den Strom für die i3-Produktion in Leipzig produzieren vier mächtige Windkrafträder, was sich auf die gesamte CO2-Bilanz des Stromers positiv auswirkt. Nachteilig ist im Augenblick jedoch die Taktung beim Karosseriebau, denn diese ist bei der Produktion von Stahlkarosserien noch deutlich höher. Doch hier sieht BMW noch viel Potenzial für kürzere Taktungen, denn laut Daniel Schäfer, Leiter Produktionskonzept Projekt i, hat man ja „absolutes Neuland“ betreten und werden sich viele Verbesserungen erst mit der Produktionsroutine entwickeln lassen.

Leichtbau mit vielen Vorteilen

Faszinierend: Nicht nur die Karosserieteile in sich, sondern auch die Verbindung zwischen ihnen hinterlässt einen extrem steifen und soliden Eindruck, trotz des geringen Gewichts. So ganz mag man sich bei BMW nicht festlegen, doch soll das Live-Modul im Rohbau deutlich unter 150 Kilogramm wiegen.

Neben der Gewichtsersparnis verspricht BMW noch weitere Vorteile dieser besonders stabilen Struktur. Einerseits soll die Fahrgastzelle beim Crash den Überlebensraum für die Insassen gewährleisten. Zumindest bei den Standard-Crashtests, wie zum Beispiel dem seitlichen Pfahltest, blieb die Fahrgastzelle weitgehend intakt, während eine klassische Stahlkonstruktion sich regelrecht um den Pfahl wickeln würde und dieser weit in die Fahrgastzelle eindringen würde. Ein weiterer Vorteil: In den klassischen Crash-Szenarien lassen sich die Türen des i3 problemlos öffnen und hätte man so bei der Bergung der Insassen ein leichtes Spiel. Sollte dennoch der Zugang zum Innenraum versperrt sein, stellt das Karbon die professionellen Retter nicht vor größere Probleme, denn laut der Feuerwehr München hat sich die CFK-Karosserie in Tests als gutmütig gezeigt.

Teuer, trotz vieler Einsparpotenziale

Und auch finanziell wirkt sich die Karbonkarosserie vorteilhaft für den Besitzer aus, denn neben der versicherungsfreundlichen Einstufung ist der zudem korrosionsbeständige i3 auch noch reparaturfreundlich und sollen die Reparaturkosten um 10 bis 20 Prozent günstiger als bei konventionellen Autos sein. Beispiel Pfahltest: Beim dabei beschädigten Schweller kann das geborstene Teilstück recht einfach ausgetauscht werden. Bei einer klassischen Stahlkarosserie hätte man einen Totalschäden.

Eigentlich, möchte man meinen, ist BMW mit der Karbonkarosserie ein Meisterwerk gelungen, das Schule machen dürfte. Ein Haken hat die schöne neue Leichtbauwelt allerdings: Die Kosten sind noch recht hoch. So wird auch der Ende 2013 in Deutschland verfügbare i3 wohl mindestens 40.000 Euro kosten. Gut möglich, dass in diesem noch nicht offiziell bestätigten Kaufpreis noch nicht einmal die Batterie enthalten ist. Eine stolze Summe, die wohl selbst grünste Gewissen vor Finanzierungsprobleme stellen könnte. Zwar würde man mit dem i3 ein in mehrfacher Hinsicht technologisches Vorzeige-Mobil erwerben, welches jedoch trotz aller Vorzüge eine nur eingeschränkte Reichweite bieten kann. Dennoch gibt man sich bei BMW zuversichtlich, die E-Mobilität mit dem i3 ins Rollen zu bringen und will der bayerische Autobauer damit auch von Anfang an Geld verdienen. Ob diese Rechnung aufgeht, wird die Autowelt in den nächsten Jahren mit besonders hoher Spannung verfolgen.

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